Europa abschaffen: Welch ein Irrtum: Manche meinen, rechte und linke Kritik könne man schnell verwechseln

Von Sebastian Friedrich und Jens Zimmermann

Für die europäische Linke sind die Geschehnisse im Sommer 2015 niederschmetternd. Es gelang ihr nicht, auch nur den Hauch eines Einflusses auf die Verhandlungen zwischen den Gläubigern und der griechischen Regierung zu nehmen. Angesichts der offensichtlich gewordenen Ausweglosigkeit innerhalb des EU-Rahmens verwundert es nicht, dass eine neue Debatte um einen linken »Grexit« entfacht ist. (ak 607) Linke, die die Institutionen der EU ablehnen, müssen sich vonseiten des medialen Mainstreams, der offiziellen Politik sowie von linksliberaler und sozialdemokratischer Seite den Vorwurf anhören, nationalistisch zu argumentieren, weil auch Konservative und extrem Rechte die EU und den Euro ablehnen. Das wirft die Frage auf, was eigentlich die Kernelemente rechter EU-Kritik sind – und was diese von den Grundzügen einer linken EU-Kritik unterscheidet. „Europa abschaffen: Welch ein Irrtum: Manche meinen, rechte und linke Kritik könne man schnell verwechseln“ weiterlesen

Konflikt statt Konsens: Gegen einen Kompromiss zwischen Rassismus und »Willkommenskultur«

Fast täglich brennt eine Flüchtlingsunterkunft, Bürger_innen, Neonazis und Hooligans stehen Schulter an Schulter und brüllen »Ausländer raus«, Flüchtlinge werden auf offener Straße beschimpft, bespuckt, geschlagen. Nach Sloterdijk, Sarrazin, AfD und Pegida ist momentan der militante Flügel der sich formierenden Rechten in Deutschland am Zuge. Zeitgleich unterstützen Willkommensinitiativen Geflüchtete mit Kleidung, Nahrung und Spielsachen. Als jene, die wochenlang in Ungarn für Bewegungsfreiheit kämpften, an deutschen Bahnhöfen ankamen, gingen viele von ihnen durch eine Traube klatschender Menschen. Die breite Front der Hilfsbereiten umfasst auch jene Teile des Bürgertums, das sich modernisiert, das Deutschland als Einwanderungsland akzeptiert hat. Die Hilfsbereiten entdecken aus ganz unterschiedlichen Motiven – und sei es, weil es gerade angesagt ist – so etwas wie Empathie. Auch Wirtschaftsverbände zeigen sich offen und liebäugeln mit möglichen neuen Fachkräften, nicht um dem angeblichen Mangel entgegenzuwirken, sondern um die Konkurrenz zwischen Arbeiter_innen und Angestellten zu verschärfen. Hinzu kommt: Das Image der Bundesregierung war nach dem offensichtlich gewordenen Diktat im Schuldenstreit mit der griechischen Regierung im Eimer, nun können Merkel und Co. zeigen, dass sie auch im positiv verstandenen Sinne Verantwortung übernehmen können. Es ist bereits von »Willkommenspatriotismus« die Rede.

All dies zeigt: Wir befinden uns mitten in einem offenen gesellschaftlichen Konflikt. Ein Konflikt, der unauflösbar scheint: Wie soll zwischen »Ausländer raus« und »Flüchtlinge willkommen« ein Kompromiss hergestellt werden?

»Die müssen weg«: Autoritäre Armuts- und Migrationspolitik im Kontext aktueller Debatten um »Armutsmigration«

Von Sebastian Friedrich und Jens Zimmermann

Seit dem 1. Januar 2014 gilt in der Europäischen Union (EU) die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Bürger_innen der EU-Staaten Rumänien und Bulgarien. Kurz vor dem Jahreswechsel tauchte eine Beschlussvorlage für die Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten im bayrischen Wildbad Kreuth auf, die eine Debatte um »Armutsmigration« auslöste. Die der Presse zugespielten Sätze des Papiers wurden auf der Klausurtagung dann auch im Kern beschlossen: Es gebe einen fortgesetzten Missbrauch der europäischen Freizügigkeit durch »Armutszuwanderung«, weshalb die CSU »falsche Anreize zur Zuwanderung« verringern wolle. Außerdem werde eine generelle Aussetzung des Sozialleistungsbezuges für die ersten drei Monate des Aufenthaltes in Deutschland geprüft und dem »Sozialleistungsbetrug« der Kampf angesagt. Die kurze Formel lautet: »Wer betrügt, der fliegt«. „»Die müssen weg«: Autoritäre Armuts- und Migrationspolitik im Kontext aktueller Debatten um »Armutsmigration«“ weiterlesen

Rechts in der Mitte. Fünf aktuelle Tendenzen zu (Standort-) Nationalismus und Ausgrenzung im Krisen-Europa

Von Sebastian Friedrich und Patrick Schreiner

In Zeiten der in Europa grassierenden Krise wird einmal mehr deutlich, dass Nationalismus und Ausgrenzung vom Kapitalismus nicht zu trennen sind. Vielfach thematisiert wurde das am Beispiel Griechenlands, wo die extre­me Rechte im Zuge der Krise klar im Aufwind ist (AIB Nr.95, AIB Nr. 97). Darüber hinaus ist zu vermuten, dass durch die aktuelle Finanzkrise samt ihrer Austeritätspolitik europaweit sowohl das rechtspopulistische als auch das neonazistische Spektrum gestärkt wer­den dürfte (AIB Nr. 98). Aktuelle Analysen zum Zusammenhang von Nationalismus, Ausgrenzung und Krise verdeutlichen aber auch, dass Nationalismus und Ausgrenzung keineswegs auf die extremen Rechte zu beschränken sind. Sie lassen sich vielmehr bis weit in die so genannte politische Mitte hinein feststellen. Davon zeugen fünf aktuelle Tendenzen.

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