Essay: Der Freitag, 43/2019
Die Geschichte der vergangenen 30 Jahre ist in Ostdeutschland eine Geschichte der Niederlagen. Es ist an der Zeit, sie endlich umfassend aufzuarbeiten
„Nicht zweimal verlieren“ weiterlesenEssay: Der Freitag, 43/2019
Die Geschichte der vergangenen 30 Jahre ist in Ostdeutschland eine Geschichte der Niederlagen. Es ist an der Zeit, sie endlich umfassend aufzuarbeiten
„Nicht zweimal verlieren“ weiterlesenKommentar: Neues Deutschland, 01.10.2019
Die Gleichsetzung von links und rechts hat Konjunktur. Das wirkt sich auch auf “die Mitte” aus.
„Extreme Fantasien“ weiterlesenLexikon der Leistungsgesellschaft: Der Freitag, 06/2019
Es gibt einen Club in Berlin, da wird die 40-Stunden-Party zum Antidot gegen die 40-Stunden-Woche.
„Alle wollen alles in der Exzess-Kaserne“ weiterlesenBericht: tagesschau.de, 14.11.2018
Der Datenreport 2018 zeigt: Obwohl in Deutchland die Wirtschaft floriert, ist jedes sechste Kind von Armut bedroht.
„Weshalb Kinderarmut oft von Herkunft abhängt“ weiterlesenAnalyse: Der Freitag, 30/2018
Ludwig Erhard, der Held der bürgerlichen Geschichtsschreibung, war keiner.
„Zigarren für alle“ weiterlesenEssay: Jacobin, 29.06.2017
Germany’s AfD poses as a defender of the „common man“, but seeks to impose an authoritarian form of neoliberalism.
„Between Capital and Volk“ weiterlesenNachruf: Junge Welt, 24.06.2017
Den Arsch in Bewegung halten: Gunter Gabriel machte auf Malocher, Sünder und Truppenbetreuer.
„Fast eine Karikatur – Zum Tod von Gunter Gabriel“ weiterlesenLudwig Erhard würde wohl genüsslich an seiner Zigarre ziehen, könnte er die Lobreden hören, die Politiker und Unternehmer gerade auf ihn halten. Anlässlich des 70. Jahrestages der Währungsreform von 1948, laut offizieller Geschichtsschreibung Geburtsstunde der Sozialen Marktwirtschaft, feiert das Establishment den ersten Wirtschaftsminister der Bundesrepublik. In seiner Heimatstadt Fürth in Franken wurde im Juni ein Ludwig-Erhard-Zentrum eröffnet. Es kostete rund 18 Millionen Euro – finanziert zum Großteil aus Steuergeldern. Die Aula im Bundeswirtschaftsministerium trägt neuerdings seinen Namen. Und Olaf Scholz, Peter Altmaier und Angela Merkel feierten Ludwig Erhard per Festakt als „Helden“ und beschworen die Soziale Marktwirtschaft als sein Erbe, das es nun in das „Zeitalter der Digitalisierung“ hinüberzuretten gelte.
Die Betriebsratswahlen in Deutschland enden in wenigen Wochen – doch schon jetzt können die Rechten sie für sich als Erfolg verbuchen. Mit einer professionellen Kampagne hat das rechte Netzwerk „Ein Prozent“ für „patriotische“ Listen bei den Wahlen geworben. Der Erfolg dieser Kampagne lässt sich nicht einfach an den Mandaten ablesen – bundesweit dürften sie knapp 100 von insgesamt 200.000 Sitzen gewinnen. Erfolgreich war die Kampagne vor allem darin, die mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Keine überregionale Zeitung ist an der Initiative vorbeigekommen. „Original und Fälschung. Die Rechte entdeckt soziale Fragen für sich. Darin liegt eine Chance für die Linken“ weiterlesen
Einstige Freunde werden zu Feinden, und gefeierte Helden fallen in Ungnade – das Drama, das sich derzeit abspielt, handelt von der SPD, jener Partei, die mehr als alle anderen Parteien in Deutschland in den vergangenen Jahren Wähler_innen und Mitglieder verloren hat. Aber anstatt den Hintergrund zu betrachten, vor dem sich das gerade abspielt, starren viele gebannt auf die beteiligten Personen. Dabei gäbe es darüber hinaus vieles zu analysieren. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik kommen Union und SPD, immer noch »große Koalition« genannt, zusammen auf weniger als 50 Prozent. Am stärksten betroffen: die SPD. Sie liegt in Umfragen deutlich unter 20 Prozent und droht schon bald von der AfD als zweitstärkste Partei abgelöst zu werden. Wer liberalen Betrachtungen Glauben schenkt, findet, dass dies an mangelndem Willen und individuellen Fehlern liegt. Dabei hat der Untergang der SPD einen Grund, der auch mit noch so viel gutem Willen und richtigen Entscheidungen nicht einfach verschwunden wäre. „Falsche Polarisierungen und richtige Fragen. Was der Niedergang der SPD mit dem Richtungsstreit in der LINKEN zu tun hat“ weiterlesen
Wer sich nur genug anstrengt, wird es zu etwas bringen und mehr Erfolg haben als die eigenen Eltern: Es winken ein Urlaub im Ausland, das bescheidene Eigenheim, das große Familienauto. Dieses Aufstiegsversprechen gab vielen Westdeutschen im Rheinischen Kapitalismus ein wärmendes Gefühl und die Aussicht auf eine gute Zukunft. Die Erzählung vom Fahrstuhl, der alle nach oben bringt, die sich nur ein wenig bemühen, erzählt mittlerweile kaum noch jemand. Es ist vielmehr die beklemmende Angst, nicht mehr mithalten zu können, die heute Konjunktur hat. Mit dem Ende der großen gesellschaftlichen Erzählungen – vom Wohlstand für alle bis zum kommunistischen Traum – verloren viele auch die eigene Hoffnung. Die Devise lautet heute: Verteidige deinen Platz – koste es, was es wolle. „Eine neue linke Erzählung. Klassenpolitik hier, Antirassismus und Feminismus dort: Wir sollten verstehen, dass sie alle zusammengehören“ weiterlesen
Es gibt einige nützliche sprachliche Werkzeuge, um den eigenen Punkt zu verstärken. Ein Topseller im Rhetorik-Baumarkt ist das Strohmann-Argument. Du verkürzt und überhöhst die Gegenposition, damit sie am besten zu deinem Argument passt. Die Gegenposition ist nicht mehr als ein Pappkamerad. Ein beliebter Pappkamerad scheint momentan die Klassenpolitik zu sein. Besonders auf Facebook, wo die Debatte unter Linken in den vergangenen Monaten historische Niveautiefstände erreicht hat, projizieren einige »emanzipatorische« Linke allerlei Negatives auf die Neue Klassenpolitik. „Der zerfetzte Pappkamerad. Die Flugschrift »Jenseits von Interesse und Identität« scheitert beim Versuch, die Debatte um Klasse und Linkspopulismus voranzubringen“ weiterlesen
Im Dezember halte ich in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen insgesamt vier Vorträge zu den Ursachen für den Erfolg rechter Parteien und Initiativen in Westeuropa und in den USA.
„Veranstaltungen im Dezember 2017 zum Thema Rechtspopulismus und AfD“ weiterlesen
Preisfrage: Was bedeutet eine Klassenpolitik »auf Höhe der Zeit«? In verschiedenen Publikationen diskutieren Publizist_innen, Akademiker_innen und/oder Aktivist_innen über veränderte Produktionsverhältnisse, gemeinsame und unterschiedliche Erfahrungen, Orte des Klassenkampfs und wie dieser organisiert werden kann.
Hier ein unvollständiger Überblick über die Beiträge. Schickt mir gerne Verweise auf eure Beiträge (sefried[ÄT]web.de). Ich versuche, die Artikelliste fortlaufend zu ergänzen.
Und wenn ihr auf Twitter zu dem Thema etwas schreibt, nutzt gerne das Hashtag #NeuKlaPo
Letzte Aktualisierung: 14.06.2018
Serie zu „Neuer Klassenpolitik“ in ak – analyse & kritik
Debatte „Klasse mit Differenz“ beim Debattenblog der Interventionistischen Linken
Debatte bei Rosa Luxemburg Stiftung und LINKE
Buchrezensionen
Weitere Beiträge
By Sebastian Friedrich and Gabriel Kuhn
Class is back on the agenda of the European left. That is good news. The reasons, however, are unfortunate. It is primarily the growing working-class support for right-wing parties and movements that troubles left-wing authors, activists, and organizers. Two poles have emerged in the debate.
The first can be summarized as follows: The left has become too academic, intellectual, and middle-class, focusing almost exclusively on cultural issues rather than economic ones. Therefore, it has nothing to offer to the working class. Worse, it is at times classist, meaning that it looks down upon proletarians, their ways, and their perceived ignorance, accusing them of being the hotbed of reactionary sentiments. Class struggle has been pushed aside by so-called “identity politics,” and material analysis has been replaced by postmodern gibberish. In short, the left is pushing a (neo)liberal agenda that the working class can no longer identify with.
The second pole responds thus: The position outlined above is the resentful payback of grumpy old (or young) men who missed the boat when women and minorities began to challenge simplistic interpretations of class politics in the 1960s and 70s. They try to use the left’s crisis to turn back the clock and revive a vulgar workerist Marxism that renders questions of race, gender, and sexuality secondary (at best). While there might be problems with the left’s recent negligence of economic matters, its true problems lie elsewhere: in the haunting legacy of patriarchy and whiteness, the lack of intersectional analysis, and the failure to adapt to the era of neoliberal globalization.
We share the opinion that the left has lost touch with the working class and that liberal positions have made huge inroads into leftist organizations and movements where they are regularly mistaken for being anti-capitalist or even revolutionary. At the same time, we are convinced that a European left whose class analysis does not take into account the changes in labor and class society that have occurred in the past century as well as the diversity of working-class people and their special interests and needs will fail to provide the answers we require.
In this article, we want to argue for a new class politics, based on a series of articles currently published under the title “Neue Klassenpolitik” by the German monthly ak (analyse & kritik). „A New Class Politics“ weiterlesen
Björn Höcke, ein Vertreter des ganzganzrechten Flügels der AfD, stellt vermehrt die „neue deutsche soziale Frage“. Diese sei „nicht primär die Verteilung des Volksvermögens von oben nach unten“. Er sagte auf einer AfD-Demo in Schweinfurt im Frühjahr 2016: „Die neue deutsche soziale Frage des 21. Jahrhunderts ist die Frage nach der Verteilung des Volksvermögens von innen nach außen“. Eine solche nationalistische Antwort auf die soziale Frage ist in Deutschland mit der AfD, in Frankreich mit dem Front National, in Österreich mit der FPÖ und in den USA mit Donald Trump auf dem Vormarsch. Denjenigen, die sich zumindest bedrängt fühlen, bietet der Nationalismus ein Angebot. Durch Abschottung, Ausschluss und Abschiebungen soll der Reichtum in den Zentrumsstaaten beisammen gehalten werden.
Die gegensätzliche Perspektive nimmt Stephan Lessenich in „Neben uns die Sintflut“ ein. Der Buchtitel ist zugleich dessen zentrale Aussage. Er führt aus:
„Was sich aus unserer Sicht, an der ‚Peripherie’ der Welt abspielt, an den Außenposten des globalen Kapitalismus, verweist zurück auf das Zentrum des Geschehens oder, genauer: auf die gesellschaftlichen Verhältnisse an jenen Regionen, die sich für den Nabel der Welt halten und ihre Machtposition im wirtschaftlichen und politischen Weltsystem nutzen, um die Spielregeln vorzugeben, an die andere sich halten müssen und deren Folgen andernorts spürbar werden“ (S. 13).
Lessenichs Essay besticht durch seine klare Sprache. Er betätigt sich als eingreifender Soziologe ? und nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er über die globale Ungleichheit spricht. Seine Beispiele sind zwar weitgehend bekannt, aber in ihrer Dichte schockierend und nicht leicht zu ertragen. In Südamerika existieren riesige Felder, auf denen unter massivem Chemikalieneinsatz Sojabohnen hergestellt werden, die dann als Mastfutter in den Mägen von in Europa, Nordamerika und China eingesperrten Tieren und dann wiederum in den Mägen der dortigen Bevölkerung landen. Die Liste ließe sich endlos fortführen: Egal ob Palmöl aus Malaysia, Baumwolle aus Indien, Sand aus Indonesien oder Garnelen aus Thailand ? immer profitiert der Globale Norden von den umweltzerstörenden und ausbeuterischen Produktionen im Globalen Süden. Das gilt nicht nur für die ausgebeuteten Produzent_innen, sondern auch für uns Konsument_innen, denn mit den Folgen der miesen Arbeitsbedingungen und der Ausbeutung der Naturressourcen müssen wir uns etwa in Deutschland kaum herumschlagen.
Nach Schulabbruch, Gelegenheitsjobs und anschließendem Dann-Doch-Noch-Schule-Nachholen habe ich ab Sommer 2006 den Zivildienst in Karlsruhe absolviert. Bei der Suche nach politischer Betätigung drückte mir ein enger Freund eine Ausgabe der Stattzeitung für Südbaden in die Hand. Es ging darin um linke Geschichte, lokale Kultur und konkrete Kämpfe vor Ort. Ich fand gut, was ich las, und besuchte einen von der Stattzeitung organisierten Vortrag in Offenburg. Kurze Zeit später schrieb ich meine erste Rezension für stattweb.de, der Online-Ausgabe der Stattzeitung. Wenig später war ich als Redakteur dabei. Den Vortrag in Offenburg hielt Fritz Güde. Er wurde mir von meinem Sitznachbarn als „so etwas wie der theoretische Kopf der Stattzeitung“ vorgestellt. Fritz, ein rundlich-älterer Herr mit ein wenig wirrem weißen Haar und lustiger Stimme, brachte den Anwesenden mit badischem Dialekt die guten und weniger guten Stellen in Hannah Arendts „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ näher. „Kämpfen und lernen. Ein Nachruf auf Fritz Güde (1935-2017)“ weiterlesen
Seit Mitte der 1970er Jahre ist Arbeitslosigkeit ein zentrales Thema in BRD-Wahlkämpfen. Häufig stehen die Betroffenen selbst im Fokus, etwa wenn ihnen von Konservativen und Sozialdemokraten vorgeworfen wird, sich nicht genügend um einen Job zu bemühen. Das offizielle Ziel der Politik ist die Senkung der Arbeitslosigkeit. Allerdings ist letztere keinesfalls für alle ein Problem. Unternehmen profitieren von einem gewissen Maß an Erwerbslosigkeit, denn der Druck auf Lohnabhängige steigt parallel zur Quote der Jobsuchenden. Freigesetzte Lohnarbeiter treten auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz zueinander. Dadurch sinkt der durchschnittliche Preis ihrer Arbeitskraft ? und der Gewinn des Unternehmens steigt. Doch Arbeitslosigkeit kann für die Kapitalseite auch Probleme mit sich bringen. So drohen soziale Spannungen, wenn durch sie die Unzufriedenheit anwächst. Im bürgerlichen Staat geht Arbeitslosigkeit mittlerweile auch die Unternehmen an ? etwa in Form »ihres« Beitragsanteils für diesen Zweig der Sozialversicherung.
Das ist keineswegs seit jeher der Fall. Verglichen mit anderen kapitalistisch entwickelten Staaten eher spät verabschiedete der Deutsche Reichstag 1927 das »Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung«, kurz: AVAVG, das am 16. Juli in Kraft trat. Anspruchsberechtigt für ein halbes Jahr waren diejenigen, die innerhalb eines Jahres mindestens sechs Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hatten. Bevor mit der Pflichtversicherung auch die Kapitalseite Beiträge entrichten musste, war Arbeitslosigkeit ausschließlich ein Problem der Betroffenen selbst. Wenn diese über die Armenfürsorge hinaus Unterstützung erhalten wollten, war das nur möglich über eine der gewerkschaftlich organisierten Arbeitslosenversicherungen. „Almosen für die Reservearmee. 1927 beschloss der Reichstag eine Arbeitslosenversicherung. Sie hatte nicht lange Bestand“ weiterlesen
The “Alternative for Germany” (Alternative für Deutschland, or AfD) has made headlines ever since its founding in 2013. After weathering a series of ideological fights, interpersonal conflicts, and defections — most of which played out in the public eye — the party achieved in only a few years what no other German party had since 1945: uniting all of the major political currents to the right of the so-called “Union” — the Christian Democrats (CDU) and their Bavarian ally, the Christian Social Union (CSU) — into one organization. The AfD also attracts support from Christian Democracy’s most conservative fringe, establishing an organic link between conservatism and the far right.
The AfD is currently represented in thirteen of Germany’s sixteen state parliaments — a seemingly unthinkable development only five years ago — and set to enter the national parliament, or Bundestag, later this year. But what kind of a party is the AfD? Why has it been able to shake up German politics, and what are the reasons behind its rise?