Zigarren für alle. Ludwig Erhard, der Held der bürgerlichen Geschichtsschreibung, war keiner

Ludwig Erhard würde wohl genüsslich an seiner Zigarre ziehen, könnte er die Lobreden hören, die Politiker und Unternehmer gerade auf ihn halten. Anlässlich des 70. Jahrestages der Währungsreform von 1948, laut offizieller Geschichtsschreibung Geburtsstunde der Sozialen Marktwirtschaft, feiert das Establishment den ersten Wirtschaftsminister der Bundesrepublik. In seiner Heimatstadt Fürth in Franken wurde im Juni ein Ludwig-Erhard-Zentrum eröffnet. Es kostete rund 18 Millionen Euro – finanziert zum Großteil aus Steuergeldern. Die Aula im Bundeswirtschaftsministerium trägt neuerdings seinen Namen. Und Olaf Scholz, Peter Altmaier und Angela Merkel feierten Ludwig Erhard per Festakt als „Helden“ und beschworen die Soziale Marktwirtschaft als sein Erbe, das es nun in das „Zeitalter der Digitalisierung“ hinüberzuretten gelte.

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Original und Fälschung. Die Rechte entdeckt soziale Fragen für sich. Darin liegt eine Chance für die Linken

Die Betriebsratswahlen in Deutschland enden in wenigen Wochen – doch schon jetzt können die Rechten sie für sich als Erfolg verbuchen. Mit einer professionellen Kampagne hat das rechte Netzwerk „Ein Prozent“ für „patriotische“ Listen bei den Wahlen geworben. Der Erfolg dieser Kampagne lässt sich nicht einfach an den Mandaten ablesen – bundesweit dürften sie knapp 100 von insgesamt 200.000 Sitzen gewinnen. Erfolgreich war die Kampagne vor allem darin, die mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Keine überregionale Zeitung ist an der Initiative vorbeigekommen. „Original und Fälschung. Die Rechte entdeckt soziale Fragen für sich. Darin liegt eine Chance für die Linken“ weiterlesen

Falsche Polarisierungen und richtige Fragen. Was der Niedergang der SPD mit dem Richtungsstreit in der LINKEN zu tun hat

Einstige Freunde werden zu Feinden, und gefeierte Helden fallen in Ungnade – das Drama, das sich derzeit abspielt, handelt von der SPD, jener Partei, die mehr als alle anderen Parteien in Deutschland in den vergangenen Jahren Wähler_innen und Mitglieder verloren hat. Aber anstatt den Hintergrund zu betrachten, vor dem sich das gerade abspielt, starren viele gebannt auf die beteiligten Personen. Dabei gäbe es darüber hinaus vieles zu analysieren. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik kommen Union und SPD, immer noch »große Koalition« genannt, zusammen auf weniger als 50 Prozent. Am stärksten betroffen: die SPD. Sie liegt in Umfragen deutlich unter 20 Prozent und droht schon bald von der AfD als zweitstärkste Partei abgelöst zu werden. Wer liberalen Betrachtungen Glauben schenkt, findet, dass dies an mangelndem Willen und individuellen Fehlern liegt. Dabei hat der Untergang der SPD einen Grund, der auch mit noch so viel gutem Willen und richtigen Entscheidungen nicht einfach verschwunden wäre. „Falsche Polarisierungen und richtige Fragen. Was der Niedergang der SPD mit dem Richtungsstreit in der LINKEN zu tun hat“ weiterlesen

Eine neue linke Erzählung. Klassenpolitik hier, Antirassismus und Feminismus dort: Wir sollten verstehen, dass sie alle zusammengehören

Wer sich nur genug anstrengt, wird es zu etwas bringen und mehr Erfolg haben als die eigenen Eltern: Es winken ein Urlaub im Ausland, das bescheidene Eigenheim, das große Familienauto. Dieses Aufstiegsversprechen gab vielen Westdeutschen im Rheinischen Kapitalismus ein wärmendes Gefühl und die Aussicht auf eine gute Zukunft. Die Erzählung vom Fahrstuhl, der alle nach oben bringt, die sich nur ein wenig bemühen, erzählt mittlerweile kaum noch jemand. Es ist vielmehr die beklemmende Angst, nicht mehr mithalten zu können, die heute Konjunktur hat. Mit dem Ende der großen gesellschaftlichen Erzählungen – vom Wohlstand für alle bis zum kommunistischen Traum – verloren viele auch die eigene Hoffnung. Die Devise lautet heute: Verteidige deinen Platz – koste es, was es wolle. „Eine neue linke Erzählung. Klassenpolitik hier, Antirassismus und Feminismus dort: Wir sollten verstehen, dass sie alle zusammengehören“ weiterlesen

Die Risse vertiefen. Nach ihrem unaufhaltsam scheinenden Aufstieg werden in den kommenden Jahren zwei Konflikte die AfD prägen

Die AfD ist vorerst am Ziel. Mit 12,6 Prozent ist sie am 24. September in den Deutschen Bundestag eingezogen. Erstmals seit den 1950er Jahren ist dort wieder eine offen rechte Partei vertreten. Nach 1945 war die Rechte in Deutschland traditionell zerfasert: Rechtsliberale waren eher in der FDP zu finden, Deutschnationale und Rechtskonservative in der Union und Völkische, Neonazis und christliche Fundamentalist_innen blieben die meiste Zeit unorganisiert oder in Kleinstparteien isoliert. In der AfD finden nun all diese Gruppen ihren Platz. Gefährlich an der AfD ist daher vor allem ihre Funktion als »verbindende Partei«: Ihr könnte es gelingen, das rechte Lager in Deutschland langfristig zu vereinen.

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A New Class Politics

Class is back on the agenda of the European left. That is good news. The reasons, however, are unfortunate. It is primarily the growing working-class support for right-wing parties and movements that troubles left-wing authors, activists, and organizers. Two poles have emerged in the debate.

The first can be summarized as follows: The left has become too academic, intellectual, and middle-class, focusing almost exclusively on cultural issues rather than economic ones. Therefore, it has nothing to offer to the working class. Worse, it is at times classist, meaning that it looks down upon proletarians, their ways, and their perceived ignorance, accusing them of being the hotbed of reactionary sentiments. Class struggle has been pushed aside by so-called “identity politics,” and material analysis has been replaced by postmodern gibberish. In short, the left is pushing a (neo)liberal agenda that the working class can no longer identify with.

The second pole responds thus: The position outlined above is the resentful payback of grumpy old (or young) men who missed the boat when women and minorities began to challenge simplistic interpretations of class politics in the 1960s and 70s. They try to use the left’s crisis to turn back the clock and revive a vulgar workerist Marxism that renders questions of race, gender, and sexuality secondary (at best). While there might be problems with the left’s recent negligence of economic matters, its true problems lie elsewhere: in the haunting legacy of patriarchy and whiteness, the lack of intersectional analysis, and the failure to adapt to the era of neoliberal globalization.

We share the opinion that the left has lost touch with the working class and that liberal positions have made huge inroads into leftist organizations and movements where they are regularly mistaken for being anti-capitalist or even revolutionary. At the same time, we are convinced that a European left whose class analysis does not take into account the changes in labor and class society that have occurred in the past century as well as the diversity of working-class people and their special interests and needs will fail to provide the answers we require.

In this article, we want to argue for a new class politics, based on a series of articles currently published under the title “Neue Klassenpolitik” by the German monthly ak (analyse & kritik). „A New Class Politics“ weiterlesen

Kämpfen und lernen. Ein Nachruf auf Fritz Güde (1935-2017)

Nach Schulabbruch, Gelegenheitsjobs und anschließendem Dann-Doch-Noch-Schule-Nachholen habe ich ab Sommer 2006 den Zivildienst in Karlsruhe absolviert. Bei der Suche nach politischer Betätigung drückte mir ein enger Freund eine Ausgabe der Stattzeitung für Südbaden in die Hand. Es ging darin um linke Geschichte, lokale Kultur und konkrete Kämpfe vor Ort. Ich fand gut, was ich las, und besuchte einen von der Stattzeitung organisierten Vortrag in Offenburg. Kurze Zeit später schrieb ich meine erste Rezension für stattweb.de, der Online-Ausgabe der Stattzeitung. Wenig später war ich als Redakteur dabei. Den Vortrag in Offenburg hielt Fritz Güde. Er wurde mir von meinem Sitznachbarn als „so etwas wie der theoretische Kopf der Stattzeitung“ vorgestellt. Fritz, ein rundlich-älterer Herr mit ein wenig wirrem weißen Haar und lustiger Stimme, brachte den Anwesenden mit badischem Dialekt die guten und weniger guten Stellen in Hannah Arendts „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ näher. „Kämpfen und lernen. Ein Nachruf auf Fritz Güde (1935-2017)“ weiterlesen

Almosen für die Reservearmee. 1927 beschloss der Reichstag eine Arbeitslosenversicherung. Sie hatte nicht lange Bestand

Seit Mitte der 1970er Jahre ist Arbeitslosigkeit ein zentrales Thema in BRD-Wahlkämpfen. Häufig stehen die Betroffenen selbst im Fokus, etwa wenn ihnen von Konservativen und Sozialdemokraten vorgeworfen wird, sich nicht genügend um einen Job zu bemühen. Das offi­zielle Ziel der Politik ist die Senkung der Arbeitslosigkeit. Allerdings ist letztere keinesfalls für alle ein Problem. Unternehmen profitieren von einem gewissen Maß an Erwerbslosigkeit, denn der Druck auf Lohnabhängige steigt parallel zur Quote der Jobsuchenden. Freigesetzte Lohnarbeiter treten auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz zueinander. Dadurch sinkt der durchschnittliche Preis ihrer Arbeitskraft ? und der Gewinn des Unternehmens steigt. Doch Arbeitslosigkeit kann für die Kapitalseite auch Probleme mit sich bringen. So drohen soziale Spannungen, wenn durch sie die Unzufriedenheit anwächst. Im bürgerlichen Staat geht Arbeitslosigkeit mittlerweile auch die Unternehmen an ? etwa in Form »ihres« Beitragsanteils für diesen Zweig der Sozialversicherung.

Das ist keineswegs seit jeher der Fall. Verglichen mit anderen kapitalistisch entwickelten Staaten eher spät verabschiedete der Deutsche Reichstag 1927 das »Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung«, kurz: AVAVG, das am 16. Juli in Kraft trat. Anspruchsberechtigt für ein halbes Jahr waren diejenigen, die innerhalb eines Jahres mindestens sechs Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hatten. Bevor mit der Pflichtversicherung auch die Kapitalseite Beiträge entrichten musste, war Arbeitslosigkeit ausschließlich ein Problem der Betroffenen selbst. Wenn diese über die Armenfürsorge hinaus Unterstützung erhalten wollten, war das nur möglich über eine der gewerkschaftlich organisierten Arbeitslosenversicherungen. „Almosen für die Reservearmee. 1927 beschloss der Reichstag eine Arbeitslosenversicherung. Sie hatte nicht lange Bestand“ weiterlesen

Between Capital und Volk. Germany’s AfD poses as a defender of the „common man,“ but seeks to impose an authoritarian form of neoliberalism.

By Sebastian Friedrich and Gabriel Kuhn

The “Alternative for Germany” (Alternative für Deutschland, or AfD) has made headlines ever since its founding in 2013. After weathering a series of ideological fights, interpersonal conflicts, and defections — most of which played out in the public eye — the party achieved in only a few years what no other German party had since 1945: uniting all of the major political currents to the right of the so-called “Union” — the Christian Democrats (CDU) and their Bavarian ally, the Christian Social Union (CSU) — into one organization. The AfD also attracts support from Christian Democracy’s most conservative fringe, establishing an organic link between conservatism and the far right.

The AfD is currently represented in thirteen of Germany’s sixteen state parliaments — a seemingly unthinkable development only five years ago — and set to enter the national parliament, or Bundestag, later this year. But what kind of a party is the AfD? Why has it been able to shake up German politics, and what are the reasons behind its rise?

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Fast eine Karikatur. Den Arsch in Bewegung halten: Gunter Gabriel machte auf Malocher, Sünder und Truppenbetreuer

Es war mal wieder so ein Gunter-Gabriel-Moment. Im Januar 2007 saß er in einer Freitagabend-Talkshow und berichtete über seine Schulden. Plötzlich hielt er einen Zettel mit seiner Handynummer in die Kamera und forderte die Zuschauer auf, ihn zu buchen – für 1.000 Euro pro Abend. Das war der Beginn seiner Comeback-Tour, durch die Wohnzimmer seiner Fans. Nach zwei Jahren hatte er tatsächlich 500.000 Euro beisammen. „Fast eine Karikatur. Den Arsch in Bewegung halten: Gunter Gabriel machte auf Malocher, Sünder und Truppenbetreuer“ weiterlesen

AfD: Machtkampf mit Spaltpotenzial

Ein gutes halbes Jahr vor der Bundestagswahl eskaliert in der AfD erneut der Flügelkampf. Dabei geht es nicht nur um Personalfragen, sondern auch um die grundsätzliche Ausrichtung der Partei. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht wieder einmal der Rechtsaußen Björn Höcke. Dieser hielt Mitte Januar auf Einladung der Jungen Alternative in Dresden eine vielbeachtete Rede. Das deutsche Volk sei das einzige der Welt, »das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat«. Vor allem die Bezeichnung »Denkmal der Schande« hat für Unmut gesorgt. Das anschließende Zurückrudern Höckes war einstudiert. Natürlich sei alles nur ein Missverständnis. Die deutsche Grammatik lässt durchaus Interpretationsspielraum, wenn zwei Nomen durch einen Genitiv verbunden werden. Hat nun die Schande ein Denkmal bekommen – oder ist das Denkmal selbst eine Schande? Der Kontext verrät, das der AfD-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag zweites meint. Denn er forderte eine »erinnerungspolitische Wende um 180 Grad«. Die »dämliche Bewältigungspolitik« lähme Deutschland. „AfD: Machtkampf mit Spaltpotenzial“ weiterlesen

Hoffnung bei der Partei der Hoffnungslosigkeit. Ein Bürokrat aus dem Bilderbuch: Die SPD feiert Martin Schulz

Die Hoffnung hat einen Namen: Martin Schulz. Seitdem Sigmar Gabriel Ende Januar den ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten als Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl vorgeschlagen hat, werden bei der SPD massenhaft Endorphine ausgeschüttet. Wo Schulz auftritt, betont er, das mutlose Weiter-so beenden und Kanzler werden zu wollen. Auch diverse Medien stürzen sich auf den unverbraucht erscheinenden Langzeitpolitiker. Der Spiegel (7/2017) sieht eine »Wendezeit« heraufziehen, Schulz »belebt die Demokratie, macht Leuten Lust auf die SPD«. Endlich mal einer, der richtig Machthunger hat, es richtig wissen will; einer, der auch mal auf den Bürokratensprech verzichtet, wenn ihm eine Kamera vors Gesicht gehalten wird; einer, den die Menschen mögen – und einer, der sogar auch bei Frauen gut ankommen soll. Wie erfrischend plötzlich ein Mann mit dem Charme und dem Sexappeal eines Staubsaugervertreters daherkommen kann, wenn alles andere so muffig ist. „Hoffnung bei der Partei der Hoffnungslosigkeit. Ein Bürokrat aus dem Bilderbuch: Die SPD feiert Martin Schulz“ weiterlesen

Die Polizei lügt: Biplab Basu über rassistisch motivierte Polizeikontrollen und wie Rassismus und Gewalt gegen Frauen gegeneinander ausgespielt werden (Interview)

Nach der Silvesternacht in Köln häufen sich die Berichte von Menschen, die der Polizei Rassismus vorwerfen. Wir sprachen dazu mit Biplab Basu. Er beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Thema und berät Betroffene rassistisch motivierter Polizeikontrollen.
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Bühne frei für Heuchelei. »Identitäre«, »Ein Prozent« und AfD üben nach Berliner Anschlag den Schulterschluss

Am Mittwoch abend (21.12.) haben in Berlin gleich mehrere rechte Gruppierungen versucht, Kapital aus dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz am Montag zu schlagen. In der Nähe des Anschlagsortes versuchten 50 Neonazis aufzumarschieren, etwa 600 Menschen stellten sich dem erfolgreich entgegen. Aaron Bruckmiller vom »Berliner Bündnis gegen rechts« zeigte sich gegenüber jW zufrieden: »Die Solidarität war an diesem Abend stärker als der Hass. Die Rechten trauern nicht, sondern missbrauchen die Toten für ihre Zwecke.«

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Kulturkampf und soziale Frage. Ein Versuch, Donald Trumps Erfolg zu verstehen

Nach dem Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen läuft die Ursachensuche unter Linken auf Hochtouren. Die einen verweisen auf die sozialen Umwälzungen im Zuge des neoliberalen Klassenkampfs von oben. Andere führen den Erfolg des Vielfachchauvinisten auf einen rechten Kulturkampf zurück, bei dem es um den Erhalt der Privilegien der Weißen geht. „Kulturkampf und soziale Frage. Ein Versuch, Donald Trumps Erfolg zu verstehen“ weiterlesen

Raus aus der eigenen Blase

Sahra Wagenknecht hat es schon wieder getan. Das dürften viele Linke gedacht haben, als Anfang Oktober ein gemeinsames Interview mit der AfD-Chefin Frauke Petry in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) erschien. Wagenknecht hat in diesem Jahr mehrmals für Ärger unter Linken gesorgt, etwa als sie nach der Silvesternacht von Köln vom verwirkten »Gastrecht« und mit Bezug auf die Flüchtlingszahlen von »Kapazitätsgrenzen« sprach oder als sie nach dem Anschlag von Ansbach eine mangelnde Handlungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden suggerierte. Vor diesem Hintergrund fühlten sich viele linke Wagenknecht-Kritiker_innen in ihrer Einschätzung bestätigt, sie würde am rechten Rand fischen. „Raus aus der eigenen Blase“ weiterlesen

Union und SPD treiben die AfD vor sich her: Ein Jahr nach dem »Sommer der Migration« profitiert vor allem die AfD

Es ist ein Jahr her, als Angela Merkel ihren Leitsatz »Wir schaffen das« formulierte. Wenige Tage später betonte sie: Es sei nicht ihr Land, »wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen«. Es war die Hochphase des Willkommenspatriotismus. Für einen kurzen Moment schien es, als habe der neue, freundliche, bunte Standortnationalismus den alten, griesgrämigen, autochthonen Nationalismus in die Schranken gewiesen.

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Schreiben gegen die Entmenschlichung: Sharon Dodua Otoo über Rassismus und den deutschen Literaturbetrieb (Interview)

Die Schwarze britische Autorin und Aktivistin Sharon Dodua Otoo gewann Anfang Juli in Klagenfurt den mit 25.000 Euro dotierten Ingeborg-Bachmann-Preis. Wir sprachen mit ihr über die Entwicklung des Rassismus in Deutschland und Großbritannien, den elitären Literaturbetrieb und ihr Selbstverständnis als Aktivistin und Autorin. „Schreiben gegen die Entmenschlichung: Sharon Dodua Otoo über Rassismus und den deutschen Literaturbetrieb (Interview)“ weiterlesen

Chefsache AfD: Der Kontakt zwischen AfD und »mittelständischen Unternehmen« wird wieder enger

Die Diskussion um die Klassenbasis der AfD verengt sich häufig auf die Frage, wer die Partei wählt. Weithin unbeachtet bleibt dabei, dass das rechte Projekt auch Kapitalfraktionen hinter sich vereinen möchte. Entgegen den Verlautbarungen, eine Partei »der kleinen Leute« zu sein, orientieren Petry, Meuthen und Co. programmatisch auf Teile der Wirtschaft. So vertritt die AfD ein im Kern neoliberales Wirtschafts- und Sozialprogramm, spricht sich etwa für Liberalisierungen, Deregulierungen und für Steuererleichterungen für Besserverdienende aus. Auch nachdem die wirtschaftsnahen Vertreter Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel der Partei den Rücken gekehrt haben, tummeln sich vor allem auf kommunaler Ebene weiterhin Unternehmer_innen in der AfD. Laut dem Magazin WirtschaftsWoche ist die Mitgliederzahl des AfD-Mittelstandsforums nach der Spaltung im Juli 2015 stabil geblieben. Auch namhafte Unternehmer, die noch zu Lucke-Zeiten sich öffentlich zur AfD bekannten, fühlen sich weiterhin der Partei verbunden.

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